Klimaneutralität wirklich wegweisend?

Conrad Meissler für den Hamburger "Klönschnack"

„Mieten rauf, Steuergelder weg, Jobs in Gefahr" so etwa lautet die Kritik an dem Volksentscheid Hamburgs zur Klimaneutralität. Wir werden sehen, ob das so stimmt. Ein Blick auf einen kleinen Teilbereich, der jedoch gar nicht so klein ist, zeigt, dass die Fixierung auf bloße Jahreszahlen – Klimaneutralität in Hamburg schon 2040 statt 2045 – kaum die kommenden Komplexitäten mitbedacht hat. Dass der Wohnimmobilienmarkt, den wir hier seit Jahren betrachten, natürlich reagiert, können wir schon heute sehen. Bestandsobjekte mit schlechten Energieverbrauchswerten sind weniger gefragt und müssen oft Preisabschläge hinnehmen. Doch was passiert bis zum Jahr 2040, wenn bis dahin alle 998.000 Hamburger Wohnungen mit Heizformen ausgestattet sein müssen, die Klimaneutralität gewährleisten, als mit erneuerbaren Energien heizen?

Da hilft die letzte breite Markterhebung „Zensus 2022", die ermittelte, dass bisher erst 1,5 Prozent der Hamburger Wohnungen mit erneuerbaren Energien beheizt werden. Das bedeutet, dass in den kommenden 15 Jahren die ande-ren 983.030 Wohnungen ebenfalls mindestens mit derartigen Heizungen beheizt werden müssen, häufig erforderliche Gebäudesanierungen (Dämmungen Außenwände, Dächer, neue Fenster) dabei nicht gerechnet. Eine überschlägige Rechnung ergibt, dass die derzeit in Hamburg bestehenden rund 820 Heizungsbetriebe den Austausch von Heizungen für 983.000 Wohnungen in 15 Jahren kaum schaffen werden. Hinzu kommt ein weiteres problematisches Detail: die Kosten. 

Derzeit wird ein Aufwand von über 40 Milliarden Euro für die Umrüstung des Hamburger Wohnraums an-gegeben. Bricht man dies auf eine Wohnung mit 70 qm herunter, so ergibt sich folgende zusätzliche Belastung für die Mieter. Bei etwa 30.000 Euro je Wohnung und der Umlagemöglichkeit gemäß § 559 Abs. 3 BGB von acht Prozent, ergibt sich eine Mieterhöhung von 200 Euro je Monat, umgerechnet also von knapp drei Euro/qm. Für manchen bedeutet dies, dass er seinen Jahresurlaub nicht mehr finanzieren kann. Wird es also eine Flucht aus Hamburg geben in den benachbarten Bundesländer mit etwas weicheren Klimaauflagen? Oder wird der Staat die Kosten durch Fördermittel auffangen? Bezogen auf ganz Deutschland wären das dann etwa 100 Milliarden Euro – pro Jahr.